Die Lieblingslinks der Woche
Der Polar Music Prize geht an Sting und Wayne Shorter, die Kategorien zerfallen.
Ist das schlecht? Ist das gut? Sting wird in der klassischen Kategorie, Saxofonist Shorter, Gründer von Weather Report, in der populären ausgezeichnet. Beide hatten ihre Auftritte mit und am Rande von Kunstmusik, aber Sting hat in den letzten Jahren, nach dem Dowland-Album und ein bisschen Sinfonieorchester nicht mehr soviel für die Kunstmusik, sondern eher ein wässriges Popalbum gemacht. Dafür Wayne Shorter, der die Jazztradition pflegt, im Bereich Pop? Ist vielleicht doch was durcheinandergekommen? Andererseits kann man im Bericht von BR Klassik lesen:
Es war Stig Anderson, 1997 verstorbener Manager der Gruppe Abba, der 1989 den Polar Music Prize initiierte. Die Auszeichnung sollte ausdrücklich eine Ergänzung zum Nobelpreis darstellen, da es einen Musik-Nobelpreis nicht gibt. Seit 1992 wird die Auszeichnung jährlich vergeben - und zwar immer an zwei Musiker. Jeder der Preisträger erhält eine Summe von 1 Million schwedischer Kronen. Das entspricht momentan einem Betrag von knapp 106.000 Euro.
Und Sting wird es doch wohl eh spenden.
Tim Cook hat sich die Digital Concert Hall angeschaut.
Was er dort gewollt hat? Tipp ins Blaue: Apple macht bald was mit Augmented oder Virtual Reality (erweiterter oder virtueller Realität) und sammelt noch Partner ein, mit denen man das gut präsentieren kann.
Elgar: Der Bericht über die falsche Lösung ist wahrscheinlich schöner als der über die echte.
Daniel Estrins Text Breaking Elgar’s Enigma in New Republic ist eine ausgezeichnete Reportage, ein Porträt von einem Mann und seiner Besessenheit von den Enigma Variationen. Elgars bekanntestes Stück soll ein musikalisch unausgesprochenes Hauptthema haben, auf dem alle Variationen basieren, das wurde aber nie zweifelfrei bewiesen geschweige denn entdeckt. Daran hat sich auch nichts geändert: Die Antwort auf die Frage im Untertitel - »Did a violin teacher from Plano, Texas solve the world’s greatest classical music mystery« - ist ein klares Nein.
Padgett believed he finally found the right counterpoint, the one Elgar intended. It’s a mashup of the three famous renditions of the hymn (Eine feste Burg, d. Red.): the 16th century Martin Luther version, the 18th century Bach version, and the 19th century Mendelssohn version. Played backwards.
Damit sind wir so weit weg von der ursprünglichen Melodie, dass die Ähnlichkeiten keine Bedeutung mehr haben. Mit solcher Freiheit kann man fast jede Melodie in fast jede Harmonik zwingen. Daher waren nicht alle Musikwissenschaftler von dem Artikel begeistert:
Trotzdem ist die Reportage spannend, eben weil sie einen Mann porträtiert, der höchstwahrscheinlich nicht Recht hat, aber einer Linie folgt. Wenn wir Menschen viel Energie in etwas stecken, können wir es später nur ganz schwer loslassen, auch angesichts klarer Beweise. Natürlich gibt es Musikwissenschaftler, die bessere Arbeit über die Enigma-Variationen machen. Padgetts verzweifelte Suche liefert aber die Geschichte, die wir lesen wollen.
Das Ensemble Resonanz bloggt von seiner Südostasientour.
Letzte Woche hat uns Sebastian Reier Bilder, Klänge und Eindrücke vom Vorglühen mitgebracht. Jetzt sind die Kammermusikerinnen und -musiker vor Ort und erzählen von ihren Erlebnissen:
Bei Biber aber herrscht wieder Kneipenatmosphäre in den hinteren Bereichen des Immigrant. Die Musiker scheinen mit den Zuhörern der vorderen Reihen in einem Parelleluniversum und nicht allzu sehr gestört, ich aber stelle fest: ich bin etwas irritiert, das haben wir so noch nie erlebt. Schlussstück ist »Scanners« von Alexander Schubert, das ein Streichquintett mit Stroboskopeffekten und Maschinensounds verbindet und im stockdunklen Raum beginnt. Und jetzt passiert es, das Licht geht aus, gefolgt von kurzem Jubel, und plötzlich: Stille.
Evelyn Roll hat ein schönes Porträt über Igor Levit geschrieben.
Was würde Mozart heute veranstalten mit Facebook? Wie hätte Paganini getwittert, Liszt, Maria Callas, Caruso und die anderen großen Selbstvermarkter und Geliebtwerdenwoller? Igor Levit wird zornig, wenn Musikstudenten ihn fragen, was für einen Mehrwert das bringt mit diesen sozialen Medien. Oder wenn ihm jemand sagt, er müsse leider so viel Klavier üben, dass er für Politik keine Zeit hat.
Hier der Link zum Artikel, um die Süddeutsche online lesen zu können, braucht man einen Testzugang, hat noch ein paar freie Artikel gut oder liest bei Blendle.
Die Leiterin von Los Angeles Philharmonic äußert sich als eine von Wenigen aus der nordamerikanischen Klassikkultur politisch:
Deborah Borda in der L.A. Times verweist unter anderem auf die migrantische geprägte Tradition gerade der südkalifornischen Musikszene (durch Schönberg, Strawinski, Korngold, Toch u.a.)
Music animates our society, increases our capacity for empathy and nurtures the public discourse that is central to a healthy democracy. At a time when the world needs more, not less, mutual understanding, we must resist the president’s anti-intellectualism and disregard for the power of the arts. I urge the administration to rescind the executive order and reestablish an open exchange between artists and audiences worldwide. National security concerns can be addressed while we continue to welcome people from beyond our borders.
Etwas vorsichtiger und im Stile des Elder Statesman hatte sich am 22. Januar Daniel Barenboim zu Wort gemeldet: nach einem Bruckner-Konzert in der Carnegie-Hall – 60 Jahre nach seinem dortigen Debüt als 14-jähriger Pianist. Er bezog sich indirekt auf Inauguration und die Ankündigung von Kulturkürzungen, beschwor aber vor allem eine nicht-elitäre vereinigende kommunikative Funktion von Musik, Konzerten und Konzertsälen. Die New York Times schreibt:
It was inspiring to hear Mr. Barenboim speak of audiences and performers becoming one community during a concert. Classical music needs community organizers. Mr. Barenboim is one of the best.
Steven Isserlis übertreibt und klingt beleidigt.
Drei Gedanken. 1. Macht er ja eh nicht. 2. Was will er den Leuten in die Sinneserfahrung reinreden? 3. Wäre es nicht andersherum viel klüger, in einer Zeit, in der alles Entspannung sucht, anfangs so zu tun, als sei man entspannend? So verschafft man sich Gehör. Andernfalls landet man beim Haarespalten. Kann Entspannung therapeutisch sein?