Warum ein »kreativer Umgang mit einem traditionellen Produkt« uns nicht zwangsläufig begeistert – und andere Shortcuts.
Der BR macht eine Sendung zu Auftrittsangst.
Besonders die Sänger und Bläser spüren ihn: den Pulsschlag. In regelmäßigen Abständen treten bei ihnen extreme Verlangsamungen und Beschleunigungen der Pulsfrequenz auf; bedingt durch das erzwungene Anhalten der Luft, bei gleichzeitiger Druckerhöhung im Brustraum. Die Pulsfrequenz kann sich dadurch gegenüber dem Ruhepuls um mehr als 40 Schläge pro Minute verändern. In der Spitze sind sogar bis zu 200 Schläge möglich.
Hier geht es zum Artikel und zur 23-minütigen Sendung.
Dabei kommt auch Michael Bohne zu Wort, der in VAN schon über den Sinn und (vor allem) Unsinn des Probespiels gesprochen hat. Übers Probespiel geht es auch im Beitrag. Wettbewerbe, Probespiele verstärken die Angst vor den Fehlern, deswegen greifen Musiker zu den Mitteln. Dabei gibt es doch die Klopftechnik von Bohne.
Die Heidelberg Music Conference will raus aus der Komfortzone.
»Raus aus der Komfortzone!« – so hätten wir die diesjährige Heidelberg Music Conference auch überschreiben können.
Es reicht ein Blick auf die politische Landkarte, um vermeintliche Gewissheiten bröckeln zu sehen. Viele sprechen in diesem Zusammenhang von Umbrüchen, manche sogar von Schock. Wie gut, dass es in der Kultur ruhiger zugeht, könnte man meinen … aber ist das wirklich so?
(aus der Zusendung der Pressemitteilung)
Zumindest mit den Schwerpunkten geht man als Konferenz nicht raus aus der Komfortzone. Viel Management, viel Vertrieb, viel Medien. Der Schwerpunkt »Format und Inhalt« ist untertitelt mit »Über den kreativen Umgang mit einem traditionellen Produkt« Dürfen wir – ohne uns Gedanken über das Konferenzmotto »Wachsen statt Wuchern« gemacht zu haben – einen Vorschlag machen? Bitte kein »kreativer Umgang mit einem traditionellen Produkt«, sondern ein handwerklich und dramaturgisch durchdachter Umgang mit einem Produkt, dass schon kreativ genug ist.
Die Latte hängt niedrig, selbst in den Flagschiffen:
Eine Stunde gibt’s mitreißende Klassik, in diesem Fall Beethovens zackige Fünfte Sinfonie und Songs des Crossover-Pioniers George Gershwin. Anschließend tritt der Sänger Tim Bendzko auf.
So sieht es aus, wenn György Kurtág bei der Probe hilft.
In unserem VAN-Artikel zu György Kurtág sagt der Bildhauer Alexander Polzin:
Es ist auch kein Zufall, dass er jetzt bei seiner Oper wieder zu Beckett (Das Drama Fin de Partie, d. Red.) zurückkommt, weil dort die Verbindung zu seiner Musik am offensichtlichsten ist. Es ist nämlich eine Literatur ohne Bindeglieder, bei Beckett sind die Pufferzonen nicht da, da ist nur noch das Skelett, das absolut notwendige, und das ist auch das, was wir in Kurtágs Musik noch hören.
Gerade wird die Oper geprobt, und Márta Kurtág and György Kurtág erhalten regelmäßig Besuch vom Probenleiter Arnaud Arbet und Sängerinnen und Sängern. Der Verlag Editio Musica Budapest hat Bilder.
Die Social-Media-PR der Elbphilharmonie ist auf niedrigschwellige Zustimmung ausgelegt.
Zum Beispiel hier:
(So flach, dass jeder Kommafehler auffällt.)
Wer sich die gesammelten Motive platzsparend in die Wohnung hängen will, dem sei dieses Meta-Plakat empfohlen:
Bei Concerti wird man das ja wohl noch so sagen dürfen.
In einer Konzertankündigung fabuliert man dort von Wagners »Wunderharfe«. Was an sich ja gar nicht schlimm ist, aber wenn dann die Liebe zur Sächsischen Staatskapelle nicht über »deutsch« und »Tradition« hinauskommt und wenn dann die Hoffnung »Hier überwand die Globalisierung der als ›richtig und perfekt‹ empfundenen Hightech-Klänge noch nicht die Tradition« mit einem selbstzufriedenen, Arme verschränkenden und etwas hohlen »und sehr wahrscheinlich ist das doch unbedingt gut so.« abgeschlossen wird, dann fangen wir irgendwie an, den inneren Reichsparteitag zu suchen.