Die Lieblingslinks der Woche
Werden NEA und NEH eliminiert?
Der Tagesspiegel fasst die Lage und die Gerüchte zusammen:
Die NEA, zuständig für die Förderung von Organisationen und Einzelprojekten aus bildender Kunst, Literatur, Theater, Musik oder Design, 1965 von Präsident Lyndon B. Johnson gegründet, und die NEH, zuständig für die Förderung von Bildungs- und Konservierungsprogrammen, darunter Bibliotheken, könnten im schlimmsten Fall komplett abgeschafft werden.
Vor allem die Kunstförderung National Endowment for the Arts hat ein sehr kleines Budget. Deshalb geht es hier wohl auch, wie die The-Nation-Kolumnistin Laila Lalami auf Twitter sagt, nicht um Geld, sondern darum, die Spannweite des kulturellen und kritischen Diskurses im Land einzuschränken. Man könnte hinzufügen: oder – weniger strategisch – um ideologische Symbolschläge. Hier geht es zur Diskussion auf Alex Ross‘ Twitter-Account.
Übrigens hat die American Musicological Society auf ihrem Blog Musicology Now die Inauguration aus musikalischer Perspektive begleitet.
In Vain wurde zum schönsten Werk des Jahrtausends gewählt.
Und zwar von den italienischen Kollegen von Classic Voice. Der Musikverlag des Zweitplatzierten, Simon Steen-Andersen, hat den Print-Artikel als PDF-Download. 100 – allerdings nur europäische – Experten haben ihre Lieblingsstücke genannt, vielleicht kommen deswegen zum Beispiel nordamerikanische Komponistinnen und Komponisten nicht so weit vorne in der Liste vor? Der Artikel enthält neben einer Liste der Werke auch noch eine, in denen die Gesamtperformance der Komponisten beim Voting berücksichtigt wird. Dort landet Stefan Prins, dessen Generation Kill das drittbeliebteste, aber auch das einzig berücksichtigte ist, dann weiter hinten, dafür ist Rebecca Saunders hinter Haas und Steen auf Platz drei.
Klassik ist immer noch zu sehr ein Männerding, die Liste von Classic Voice führt einige Frauen, aber hier ist noch mal eine aktuelle Liste von Bachtrack: Die Top 10 Living Women Composers.
Arte editiert ein Konzert, und es wird »Zensur« gerufen
Als erstes hat nur das Karlsruher Rihm Center von »Zensur« gesprochen, weil Arte bei der Ausstrahlung der Elbphilharmonie-Eröffnung aus Sendezeitgründen das Werk von Wolfgang Rihm ausgebaut und per Moderatorinnenwechsel auch rausgeschwiegen hatte. Auch wenn die Aktion vielleicht etwas plump und für neugierige Musikhörer ärgerlich ist, ist sowas von Arte, die entweder auf die großen Klassiker oder relativ belanglose Neoklassik setzen, schon zu erwarten. Dann setzen 40 Männer und Olga Neuwirth (insgesamt eine große personelle Übereinstimmung zur Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Beobachtung via eines Kommentators auf Facebook) einen offenen Brief über die NMZ ab, der nur auf Empörung hinausläuft, und wieder von »Zensur« spricht, als ob Arte das Werk von Rihm verboten hätte. Der offene Brief enthält ein Update.
Wie dpa berichtet, entgegnete Arte-Sprecherin Claude-Ann Savin dem von 40 Künstlern unterzeichnetem Brief, dass der Sender am 11. Januar das Konzert komplett live auf «arte concert» übertragen habe. Außerdem sei die Übertragung 90 Tage lang vollständig abrufbar. Der Sendeplatz am Sonntag um 17.40 Uhr, wie am 15. Januar, lasse nur einen Platz von insgesamt 90 Minuten zu. Dort habe Arte nur noch einmal das erste und das letzte Werk des gesamten Konzerts zeigen können. Mehr habe der Sendeplatz nicht zugelassen.
Brian Eno hat die unendliche Melodie erfunden.
… twitterte Zoë Madonna, die aus Boston an der US-Version von VAN mitarbeitet und halt gerade genug Sorgen hat, neue Regierung und so. Das Gute ist, wenn man sich Enos neues Werk als Trost gewählt hat, dann endet der Trost nie. Im App Store von Apple veröffentlichte er nämlich eine Deluxe-Version, die sich immer wieder neu generiert, er schreibt dort: »eine unendliche und sich ständig verändernde Version dieses Stückes Musik.«
Manche Formeln sind nur Klischees.
Nochmal auf englisch: Kluger Artikel auf The Outline von Linda Shaver-Gleason über Klischees, hier einige zusammengefasste Punkte:
- Formeln, die beweisen, wie ein Stück Musik wirkt, wirken auch, nämlich nach außen wissenschaftlich, sind es aber nicht.
- Das Ganze hat mit dem dominanten Neoliberalismus zu tun, Musik lebt aber von der Ambiguität.
- Vor allem die Klassik erfindet viele solcher Statistiken um relevant zu bleiben, zum Beispiel Mozart hat mehr CDs als Beyoncé verkauft; es gibt einen ›Mozart-Effekt‹ bei Babys.
Der Drummer Jaki Liebezeit ist gestorben.
Den schönsten Nachruf haben wir in der Zeit gefunden, von Ulrich Stock:
“Sein Geist könnte nicht präsenter sein”, schreibt uns Burnt Friedman am Tag nach dem Tod seines musikalischen Alter Egos. “Er hat die Selbstverwirklichungslustigkeitsunterlassungstechnik für gespielte Musik eingeführt, ohne die man heute in programmierter Musik kaum auskommt; nur mit dem Unterschied, dass die Unterlassung des Spielens dort den Maschinen geschuldet ist und hier aber der Intention des Ausführenden.”